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Galerie Peter Herrmann
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2004



Bike 2000
Sokari Douglas Camp

Etwa 20 Jahre war Sokari Douglas Camp die bekannteste Künstlerin aus Afrika. Die Galerie Peter Herrmann wiederum ist die einzige Galerie die sie vertritt.

2003 war die Künstlerin für den hochdotierten Preis 4th Plinth auf dem Trafalgar Square in London nominiert. 2004 realisierte sie den ersten Kunst-am-Bau-Auftrag den je ein Künstler aus Afrika in Deutschland erhielt, für die Deutsche Welle in Bonn vor dem Schürmann-Bau. 2003 wurde das oben abgebildete Bike 2000 auf der Art Cologne von 7 Fernsehteams gefilmt. Arte benütze das Objekt als Eincatcher für den Messereport. Sie realisierte bedeutende Auftragsarbeiten und hat in vielen Museen weltweit Arbeiten stehen. In England ist Sokari Douglas Camp in mehrere Kunst-Jurien vertreten.

In der auf der vorigen Seite erwähnten Ausstellung Vielfaches Echo spielte die Künstlerin eine Schlüsselrolle. Der Rat der Beteiligten wählte sie aus, um im Hauptbahnhof und im Flughafen exemplarisch für das ganze Projekt insgesamt sechs Großskulpturen zu zeigen. Das riesige Alali Aru Show Boat, mit der berühmten Ausstellung Africa Explores jahrelang auf Welttournée, wurde in der Schalterhalle von vielen tausend Reisenden bestaunt.

Stuttgart war lange Jahre in Deutschland die beweglichste Metropole in Sachen außereuropäischer Kunst. Die Akademie Schloß Solitude und der Stammsitz des Instituts für Auslandsbeziehungen können hier treibend genannt werden. Ein weiteres Ereignis war 1998 Europa-Afrika, die 7.Triennale der Kleinplastik. Mit 40 beteiligten Künstlern aus Afrika in Gegenüberstellung ebenso vieler Künstler aus westlichen Ländern war sie für lange Jahre die umfangreischste Übersichtsausstellung unseres Nachbarkontinents in Deutschland auf hohem Niveau. Von den Besuchern wurde ausnahmslos die Gruppe der Afrikaner als Aussagestärker und Einfallsreicher in der Kritik bevorzugt. Der Kurator der Biennale turnte zwei Jahre in meiner Galerie herum. Etwa 20 Künstler als Fundament für die Suche nach weiteren waren von mir vermittelt.

Als nachträgliche Watschen möchte ich in diesem Zusammenhang noch erwähnen, daß der Kurator noch ganz schnell vor Veröffentlichung des Katalogs den Herrmann zwecks Lorbeerverteilung weitgehend tilgte und plötzlich, ohne Rücksprache, ein paar populistisch-exotistische Fragwürdigkeiten auffuhr. Ich war schon harte Brüskierungen im Haifischbecken des Kunstmarkts gewohnt, aber das war schon der Gipfel. In einem geharnischten Brief an den Kurator verbat sich denn auch Sokari Douglas Camp, jemals wieder mit Schrebergartenkunst in einem Topf verrührt zu werden. Dennoch war, dies muß zur Ehrenrettung gesagt werden, die Ausstellung ein großer Erfolg. Man muß trennen können zwischen Backstage und dem, was nach außen sichtbar wird. Ein paar Einblicke tun aber auch dem Leser gut. Der Blues kommt auch aus Afrika und lehrt uns, daß auch mal gejammert werden darf.

Der Überflieger der Galerie, ebenfalls an der Triennale beteiligt, heisst Pascale Marthine Tayou. 1995 nahm ich ihn unbekannt als lokale Komponente in Douala bei Around and Around auf. Von da an ging es steil nach oben in der Karriereleiter. Einer von drei Künstlern der Galerie bei der Dokumenta 11, einer von 9 der Galerie bei Afrika Remix, in Galerien vertreten in New York, Paris, Brüssel, Barcelona, Einzelaustellungen in namhaften Museen weltweit und und und. Schauen Sie doch einmal auf seine Vita. , eine wahrhafte Bilderbuchkarriere.

Als im Jahr 2000 die Akademie Schloß Solitude erstmalig zwei Stipendien an Kuratoren vergab, hielt einer der beiden, Gregory Volk aus New York, eine Einführungsrede vor den versammelten Kulturgrößen Stuttgarts. Er erwähnte, daß momentan vier Künstler in New York für Aufsehen sorgen würden. Bei der Aufzählung nannte er Pascale Marthine Tayou.

Herr Tayou war einer der bekannten Protagonisten der neuen Nomaden. Mit Handgepäck kam er an, wählte an jedem Ort ein neues Instrumentarium und improvisierte. Nun ist er verheiratet mit Kind im Reihenhaus und hat Änderungspläne. Trotz einer engen Bindung an die Galerie und deren Rolle in Tayous Karriere werden wir wegen mangelnder Umsätze in den letzten zwei Jahren auf Wunsch des Künstlers im Jahre 2005 eine Zusammenarbeit einstellen. Verträge mit garantierten Ankäufen, von vielen Galerien noch bis in die Achtziger praktiziert, konnte und wollte ich nicht bieten. Da inzwischen eine Reihe anderer Künstler der Galerie sehr schön auf Erfolgskurs liegen und einige andere im internationalen Markt ohnehin stabiler verankert sind, werde ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf Tayou verzichten können.

Es gibt, wen wunderts, auch Schattenseiten der Galeriarbeit. Gut wars trotzdem.

 

Galerie Peter Herrmann