Galerie Peter Herrmann
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Alte Kunst aus Afrika
 
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Bote

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Würdenträger oder Bote Thermolumineszenz- Expertise
Benin, Nigeria
um 1800
Bronze
55 cm
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Die Bedeutung dieser stehenden, männlichen Figur gibt einige Rätsel auf. Der Typus taucht in der Kunst Benins in unterschiedlicher Abwandlung immer wieder auf und provoziert zahlreiche Theorien und Vermutungen.

Bei allen Vergleichsobjekten findet sich als verbindendes Element immer wieder das Kreuz vor der Brust, die Katzenschnurrhaarnarben an den Mundwinkeln und ein Hut. Kleidung und Gegenstände in den Händen variieren von Objekt zu Objekt. Unsere Figur trägt ausschließlich einen Lendenschurz, der Oberkörper ist unbekleidet und außer dem Kreuz nur mit zwei weiteren Ketten geschmückt. In der rechten Hand hält er einen Haken oder gebogenen Stab und in der linken eine Art Axt oder Hammer.

Stilistisch ist diese Arbeit Benin zuzuordnen, nur die Katzenschnurrhaarnarben und das Kreuz sind für Benin zunächst untypische Attribute. Katzenschnurrhaarnarben sind typisch für einige Volksgruppen, unter anderem für die Nupe, die nördlich der Yoruba leben. Sie tauchen ebenfalls bei alten Ife-Terrakotten auf, was Frank Willett zu der Vermutung veranlasst, es könne sich um Ife-Leute handeln, die als Boten zwischen beiden Königsstädten fungierten. Diese Theorie wird gestützt durch die Überlieferung eines Portugiesen aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Auch er berichtet von einem Boten des Königs, der die Embleme der Autorität (Hut, Brustkreuz, Stab) von Ife nach Benin gebracht haben soll, um damit den neuen König in Benin zu bestätigen. Der Bote soll nach Erfüllung der Mission als Zeichen seiner neu gewonnenen Freiheit als ehemaliger Sklave selbst ein Kreuz erhalten haben.

Felix von Luschan versuchte schon 1919 zu belegen, dass es sich bei dieser Figur um einen König mit dem Beinamen "Panther" handeln könnte. Demnach hätte die Darstellung der Schnurrhaare keinen realen Abbildungswert, sondern wäre rein symbolisch zu deuten. Das umgehängte Kreuz versteht er als von Portugal verliehener Christusorden. Seine Theorie gilt mittlerweile als veraltet und wird kaum noch diskutiert.

Die jüngere Forschung (u.a. Paula Ben-Amos) schlägt für die Deutung dieser Figur etwas ganz anderes vor. Demnach stelle sie entweder einen Priester von Osanobua, den Schöpfergott, oder ein Mitglied des Geheimbundes "Ewua association" dar. Beide Gruppen hätten am Palast Kreuze getragen. Das Kreuz wäre nach dieser Deutung ein kosmogonisches Zeichen und Hinweis auf die Schöpfung der Welt.

Vgl.:
Frank WILLETT: Ife. Metropole afrikanischer Kunst, Bergisch Gladbach 1967, S. 189.
Ekpo EYO, Frank Willett: Kunstschätze aus Alt-Nigeria, Mainz 1983, S. 111/ 139.
Felix von LUSCHAN: Die Altertümer von Benin, Band 1, Berlin 1919, S. 290 - 292.
Paula Girshick BEN-AMOS: The art of Benin, London 1995, S. 56.
William B. FAGG: Bildwerke aus Nigeria, München 1963, Abb. 63.
Armand DUCHATEAU: Benin. Kunst einer afrikanischen Königskultur, München 1995, S. 76/78.
Barbara PLANKENSTEINER (Hg.): Benin. Könige und Rituale. Höfische Kunst aus Nigeria, Wien 2007, S. 332.


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Vergleichsobjekte:   Abbildungen:
Nationalmuseum Lagos
Ekpo EYO, Frank Willett: Kunstschätze aus Alt-Nigeria, Mainz 1983, S. 139.
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Frank WILLETT: Ife. Metropole afrikanischer Kunst, Bergisch Gladbach 1967, S. 37.
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Liverpool Museums, Liverpool
Elsy LEUZINGER: Die Kunst von Schwarz-Afrika, Recklinghausen 1972, S. 166.
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William B. FAGG: Bildwerke aus Nigeria, München 1963, Abb. 63.
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Völkerkundemuseum, Dresden
Felix von LUSCHAN: Die Altertümer von Benin, Band 1, Berlin 1919, S. 290.
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Ethnologisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin
Felix von LUSCHAN: Die Altertümer von Benin, Band 3, Berlin 1919, Tafel 68.
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The University of Pennsylvania Museum
Paula Girshick BEN-AMOS: The art of Benin, London 1995, S. 56.
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Slg. A. Maschmann
Armand DUCHATEAU: Benin. Kunst einer afrikanischen Königskultur, München 1995, S. 77.
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General Pitt Rivers's Museum at Farnham, Dorset
Augustus Henry PITT-RIVERS: Antique Works of Art from Benin, London 1900 (Reprint 1971), S. 31.
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Trustees of the National Museums Scotland, Edinburgh
Barbara PLANKENSTEINER (Hg.): Benin. Könige und Rituale. Höfische Kunst aus Nigeria, Wien 2007, S. 333.
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