In einem jährlichen Zyklus fanden im Palast als dem Zentrum Benins rituelle Handlungen statt - einige privat für den König und andere öffentlich. Wesentlicher Bestandteil fast aller öffentlicher Rituale in Benin waren Opferhandlungen, in denen Könige eine große Anzahl von Tieren töten ließen. Als die höchste Form der heimischen Opferung galt, wie auf diesem Relief zu sehen, das öffentliche Töten von Rindern.
Ein großer mit Glocken ausgeschmückter Zeremonienmeister steht in der Mitte und schneidet einem Rind mit einem sichelartigen Messer den Kopf ab. Fünf Gehilfen ziehen an Kopf und Beinen des sterbenden Tieres. Zwei sehr kleine ebenfalls bewaffnete Figuren sind im Hintergrund zu sehen. Die auffälligen Größenunterschiede der Figuren könnten ein Verweis auf deren hierarchische Bedeutung sein. Die große Figur in der Mitte ist demnach ganz offensichtlich die Hauptfigur, und die beiden kleinsten Figuren ganz oben sollen wahrscheinlich die Rangniedrigsten sein oder Personen, die in der Handlung eine untergeordnete Rolle spielen. Bei letzterem wäre es keine soziale Hierarchie sondern eine auf die Geschichte bezogene. Ihre vergleichsweise geringe Größe kann ebenfalls als Versuch gelesen werden, bereits im 17. Jahrhundert Perspektive darzustellen.
Nicht nur technisch ist die Platte ein Meisterwerk. Die Gießertradition in Benin muss zu dem Zeitpunkt bereits in langer Tradition gestanden haben, denn eine Platte mit vollplastischen Elementen erforderte ein recht kompliziertes Gussverfahren. Das geschlachtete Opfertier schwebt weit im Raum vor den Figuren, so dass sich eine wunderbar dreidimensionale Wirkung ergibt.
Vgl.:
Paula Girshick BEN-AMOS: The art of Benin, London 1980, S. 70.
W./ B. FORMAN, Philip DARK: Die Kunst von Benin, Prag 1960, S. 44. |