Kolumnen
Galerie Peter Herrmann
 

Kunst afrikanischer Künstler als Geldanlage?

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ja!

 

Kolumne

©Galerie Peter Herrmann. 2003

Konsens ist in Deutschland, bezogen auf Afrika und großzügig skizziert, daß Kunst in erster Linie zu gefallen habe, daß sie uns interessante Mitteilungen machen solle und daß hinter dem Künstlernamen eine feste Persönlichkeit steht. Der kommerzielle Aspekt, nämlich Funktionalien des internationalen Kunstmarkts werden mit dem Charakter der Heimlichkeit von ein paar Kennern zelebriert, von denen einige Wenige durchaus mit bewundernswert spielerischem Risiko sehr hoch pokern. Sehr zum Wohle von, ich schätze grob, etwa 500 afrikanischen Künstlern, die dadurch in der Lage sind, international zu agieren.

Einige dieser Künstler bilden aus, andere fördern große Familien. In jedem Falle sind sie jedoch Mittler einer internationalen Kunstwelt, die kulturell einen wachsenden, meist städtischen Mittelstand bedient, der wiederum eine bedeutende Schicht der Intellektuellen beheimatet. Diese Künstler agieren mit unterschiedlichsten Philosophien, aber weitgehend nach Regularien des westlichen Wertschaffungsprinzips, Karrieremechanismen und Erhaltungskulturen.

Schaut man auf diese Entwicklung und sieht das sich vergrößernde Getriebe von Kulturschaffenden in den neuen afrikanischen Megametropolen, wird eines klar: Auch wenn man vielen alten Vorstellungen der Kunst als integrativem Bestandteil kleiner regionaler Einheiten nachtrauert, vergrößert sich eine kulturelle Binnenstruktur in Afrika, die stark westlich, und, nicht zu vergessen, asiatisch geprägt ist.

Der romantisierten Trauer kann ich im Übrigen sehr leicht nachfühlen. Solange Kunst eingebettet war in unmittelbare Lebensumstände, hielt sie den Kontakt zu praktisch allen Gesellschaftsschichten und diente somit dem Genuß oder der Bildung sehr Vieler. Hat man zumindest lange so gedacht. Allerdings taucht schnell der Verdacht auf, daß diese Ansicht ein übriggebliebenes Relikt der Zeit ist, als man gerade den "edlen Wilden" entdeckte.

In Deutschland kursieren momentan Zahlen, die besagen, daß die bildende Kunst bei uns tatsächlich nicht mehr als um die vier Prozent der Bevölkerung tangiert. Vier Prozent, die in einem wie immer gearteten Verhältnis aktiv mit Kunst umgehen und sie als einen prägenden Teil ihres Lebens betrachten. Der Rest teilt sich auf in Konsumenten und Ignoranten.

Ähnlich ist es in Afrika und ähnlich war es in Afrika. Ob mit Kunst als Kunstbegriff im engeren Sinne oder ob mit "Dingen" in sakralen Zusammenhängen, die posthum unter unseren modernen Kunstbegriff fallen, es war immer eine kleine Auswahl an Schaffenden und Gebrauchenden, der Rest sind und waren auch dort Konsumenten und Ignoranten.

Der international agierende afrikanische Künstler ist kein Homunkulus einer imaginären kulturellen Gutmenschenfraktion als Quotenschwarzer, sondern, lassen Sie es mich pragmatisch gehärtet ausdrücken, ein solider Marktfaktor. Kaum notwendig zu betonen, daß Bekanntheitsgrad und deshalb Wertigkeit denselben Schwankungen unterworfen sind wie überall im internationalen Markt.

Mit einer zeitlichen Verzögerung tritt der moderne afrikanische Künstler in eine akademisierte Welt, die die Bereiche des Handwerks und der klassischen Werkstattausbildung mehr und mehr hinter sich läßt. Für die einen Fluch, für andre Segen.

Doch zurück zu Wertigkeiten. In Afrika ist ein Umwälzungsprozess im Gange, den Viele hier in Deutschland nicht andeutungsweise ahnen. Galerien etablieren sich in allen afrikanischen Metropolen und eine kleine Schicht drückt sich, den kleinen Finger vom Glas mit französischem Rotwein spreizend, auf Vernissagen herum und eine andere Clique verachtet diese wiederum zutiefst.

Doch anzunehmen, daß eine Kategorie der Wertigkeit darum erst am entstehen wäre, weil durch neue urbane Entwicklungen die signierende Künstlerpersönlichkeit auf die Bühne tritt, ist zu kurz gegriffen.

Sie trifft als Postulat nur dann zu, wenn man 1:1 unseren Kunstbegriff als Grundlage nimmt. Greift man jedoch zurück auf traditionelle afrikanische Strukturen und betrachtet den noch sehr stark vom Handwerk geprägten Künstler, der eine Bindung an lokale Erfordernisse hat und vorwiegend Bünde und Heiler mit hochwertig Funktionalem und eine Bevölkerung mit profan Schönem oder Ahnenstatuen bedient, sieht es plötzlich ganz anders aus.

Ich habe in Gegenden in Afrika gelebt, in denen Künstler teures Tuch am Körper haben und damit in einem Mercedes-Wagen das Tor zu einem durchaus geräumigen Grundstück durchqueren, auf dem sich eine quirlige Familie im eigenen Haus fröhlich bewegt. Wenn sie in ihrer Werkstatt eine Gruppe neuer Masken als Auftragsarbeit eines Notablenbundes erledigen, geschieht dies unter Austausch eines schönen Batzen Geldes oder anderer wertvoller Dinge.

Werden die alten Masken jener neu bestellenden Gruppe verkauft, bringt auch dies ein schönes Geld am internationalen Kunstmarkt. In nachvollziehbaren und relativ festen homogenen Handelsstrukturen übrigens. Dieser Fakt mit Betonung an die Adresse derjenigen gerichtet, die hinter jedem alten afrikanischen Objekt gleich Kirchenraub oder mindestens Kulturausbeutung wittern.

In den Museen der Welt taucht nun immer mehr der urbane Künstlertypus auf, der meist den Einsatz alter Kunst nur fragmentarisch und ephemer als Sinneseindrücke, aber nicht als etwas kosmologisch Ganzes begreift. Er entnimmt Versatzstücke und interpretiert um. Installation, Skulptur, Körperkunst und Performance entnimmt er oder sie der Tradition, Bereiche der Malerei oder Film integriert er oder sie von außerhalb Afrikas.

In meiner Galerie sind mehr als 20 dieser 500 international agierenden Künstler und Künstlerinnen vertreten, die ich durch 14 Jahre Galeriearbeit begleitete und von denen ich mittlerweile einige Preisentwicklungen schon in Zyklen erfahren konnte. Die meisten dieser afrikanischen Künstler haben eine solide, unübertriebene Entwicklung.

Mit Ausnahme von Bodys Isek Kingelez, der über einen Schweizer Sammler in Höhen gebracht wurde, bei denen ich momentan nicht mehr mitbieten kann, sind alle von mir gezeigten Künstler mit Preisen am Markt, die man vom Blickwinkel der Anlage als "kleines Risiko" einstufen kann.

Ich schildere Ihnen ein paar Beispiele und beginne mit Chéri Samba. Ein Acrylbild auf Leinwand im Format 140 x 100 kostete 1995 umgerechnet in Euro etwa 3.000,-. Heute liegt dieses Format, je nach Bedeutung des Sujets, bei mittleren 15.000,-. Größerformatige wurden schon mehrfach zwischen 20 und 25.000,- gehandelt. Aus mehreren Gründen ziehen die Preise momentan schon wieder an. Einer dieser Gründe ist jener Schweizer Sammler, ein anderer Grund die steigende Nachfrage, noch ein anderer, daß nach Versteigerungen von Sothebys, bei denen der Markt zunächst preislich bestätigt wurde, die Verkaufserlöse in mehreren Schüben noch einmal stiegen. Der Aktuellste jedoch, daß er in einem englischen kunstgeschichtlichen Bildband unter die vierhundert berühmtesten Maler seit 1200 bis in die Gegenwart eingeordnet wurde.


 
Eine weitere sehr bemerkenswerte Karriere ist die von Pascale Marthine Tayou. In nur sieben Jahren bespielte er weltweit eine unvorstellbare Menge von Museen, Galerien und Biennalen und schuf sich einen sehr verdienten Bekanntheitsgrad. Um einen Stellenwert außerhalb seines vielfachen Auftretens in Deutschland zu schildern: Gregory Volk, New Yorker Kurator mit Stipendium in der Akademie Schloß Solitude in Stuttgart, erzählte während einer dortigen Podiumsveranstaltung 1999, in New York seien momentan vier Künstler besonders auffällig im Rampenlicht. Einer der aufgezählten war Tayou.

Seine Preise lagen, ebenso umgerechnet in Euro, 1995 nach unserer Ausstellung Around and Around in Douala, bei Euro 1.500,- für eine hängbare Collage mit den Maßen 120 x 100 cm. Schon 1999 mußten Sie dafür 3.500,- Euro bezahlen und heute 6.500,-

Ein Format 150 x 200 cm von Owusu-Ankomah kostete 1995 noch 3.500,- Euro, heute, acht Jahre später, angemessene 8.000,-. Ähnlich wie bei ihm, liegt die Kontinuität bei fast allen von der Galerie vertretenen Künstlern.

Abgesehen davon, daß ein gutes Kunstwerk, wohl ausgesucht, seinen Preis durch Genuß über die Jahre eingespielt haben sollte, haben alle Arbeiten der von mir vertretenen Künstler eine gesunde Solidität im Finanziellen. Sie haben, ebenso wie westliche Künstler, Wiederverkaufskriterien, Schwankungen im Marktwert, und es gibt ebenso Arbeiten, die sich nach Jahren mal besser, mal schlechter entwickeln. Wenn der Künstler stirbt, steigt plötzlich eine Nachfrage. Wenn einer die Wandlung vom Künstler zum Replikenverschleuderer macht, geht er ebenso das Risiko ein, vielleicht mehr Geld zu verdienen, aber dafür aus dem Pantheon zu verschwinden. Die Versicherung bezahlt bei einem Schaden und der Fiskus grabscht sich seinen Anteil auch von Afrikanern.

Alles in allem fast schon langweilig normal. Wenn es denn so sein sollte, daß der normale Genuß Ihrem Bedürfnis nicht genügt, erhöhen Sie eben den Einsatz und die Spannung. Spekulieren Sie eben. Seien Sie ein Spieler. Mit der Kunst macht es jedenfalls mehr Vergnügen als mit Papierfetzen im Depot.


Übrigens: eine Stabilität der Künstlerentwicklung wird durch Galerien gewährleistet. Bei afrikanischen Künstlern in Deutschland ist dies die Galerie Peter Herrmann.

Muß auch hin und wieder einmal gesagt werden.

Mit den besten Grüßen,

Ihr Peter Herrmann. Spieler.

 
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