Die Welt. 22.3.2008

JoburgArtFair

Presseseite der Galerie Peter Herrmann


 

22. März 2008, von CAMILLA PÉUS

Paradiesvögel in Sommerkleidern

Die Joburg Art Fair in Johannesburg ist die erste Messe für zeitgenössische afrikanische Kunst weltweit

Die Eröffnung der Messe glich einer Silvestergala in einem Fünf-Sterne-Hotel: Hunderte Kellner marschierten in die Halle des Convention Center in Sandton, dem Financial District Südafrikas, trugen weiße Orchideen und stapelten Weinglaspyramiden. Als die geladenen Gäste dann in Designer-Sommerkleidern und Leinenhosen, mit blonden Strähnen und Dreadlocks wie Paradiesvögel durch die Gänge flatterten, waren die besten Werke schon verkauft: etwa bei Michael Stevenson aus Kapstadt eine Arbeit von Willem Boshoff, die nur Blinde entschlüsseln können, weil der Konzeptkünstler Duzende Skulpturen in mit Brailleschrift bedruckten Aluminiumboxen versteckte (The Blind Alphabet, 20 000 Euro).

Zugeschlagen hatten Vorstände und Manager aus Kapstadt, Johannesburg und Durban, die von der FNB Bank, dem Sponsor der Messe, und Artlogic, der Messe-Organisation, zu einem Pre-Preview eingeladen waren, eine Art Vorverkauf für die vipsten der VIPs.

Die 21 Galerien aus sieben Ländern und drei Kontinenten hatten mit wenigen Ausnahmen ausschließlich Werke afrikanischer Künstler im Gepäck. So viele ihrer Arbeiten gab es noch nie auf einem Fleck zu kaufen. Noch dazu von so guter Qualität. Etablierte Galerien reisten mit ihren Stars an: Perry Rubenstein aus New York mit dem Animationskünstler Robin Rhode aus Kapstadt, der verkündete, er werde "bis an sein Lebensende" in Berlin leben. Auf der Messe hatte seine neueste Performance Prämiere, eine mit Glöckchenklängen untermalte Video-Endlosschleife eines Überkopf-Billiardspiels. Jack Shainman, ebenfalls aus New York, präsentierte Dokumentarfotografien von Zwelethu Mthethwa (9000 Euro), die Goodman Gallery eine Mohair-Tapisserie mit Pferdemotiv von William Kentridge (42000 Euro) und die October Gallery aus London die Kanister-Masken von Documentakünstler Romuald Hazoumé. Daneben wagten auch neue Galerien ihren ersten Messeauftritt wie die WhatiftheWorld Gallery und die Rooke Gallery, die mit Fotoserien des Johannesburgers Zander Blom überraschte, der über vier Jahre hinweg die Stuckwände seines Altbaus mit Kollagen verkleidete (1200 Euro/Foto).

Peter Herrmann aus Berlin, dessen Werke bis zwei Stunden vor Messebeginn im Zoll feststeckten, zeigte den Autodidakten Malam aus Kamerun, der in seinen Installationen den Papst und Präsident Bush dafür verantwortlich macht, dass überlebenswichtige Pharmaprodukte für Bedürftige unerreichbar bleiben. "Ich habe extrem provozierende Künstler ausgesucht, die gerade auf dem Weg sind, international bekannt zu werden", so Herrmann. Internationale Erfolge feiern auch die Künstler, die Kurator Simon Njami in seiner Sonderschau "As you like it" an schwarzen Stellagen vorstellte. Allerdings traf er bereits die Künstlerauswahl bei Afrika Remix und dem Afrika-Pavillon der Venedig Biennale 2007, die er größtenteils mit Werken aus der Sammlung seines kongolesischen Sammlerfreundes Sindika Dokolo bestückte. Auffällig häufig tauchen dieselben Künstler auch hier wieder auf. In Zukunft wäre für Übersichtsschauen ein unabhängiger Kurator wünschenswert, der auf noch unentdeckte Talente aufmerksam macht.

Immerhin: Das Team um die deutsche Projektmanagerin Katrin Lewinsky, die schon im New Yorker PS1 arbeitete, hat es in knapp drei Monaten geschafft, die Joburg Art Fair auf die Beine zu stellen. Artlogic-Leiter Ross Douglas hat angesichts einer wachsenden afrikanischen Mittelschicht das Ziel, neue Käufer zu gewinnen. Viele südafrikanische Künstler, allen voran Marlene Dumas, sind international erfolgreicher als in ihrer Heimat. Auch das soll sich ändern.

Die Messe reflektiert das steigende Interesse an der modernen Kunst Afrikas, die ihrem völkerkundlichen Image endlich vollends entkommen ist. Linda Givon jedenfalls, Leiterin der Goodman Gallery und seit 1966 Förderin afrikanischer Künstler, will die Gunst der Stunde nutzen und nach London expandieren.

Im Internet:
www.joburgartfair.co.za

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