Perlenarbeiten der Ndebele, Zulu und Tsonga

Einführung

Zwei der größten Volksgruppen der heutigen Republik Südafrika sind die Zulu mit dem Kerngebiet Kwa-Zulu Natal und die Ndebele im äußersten Nordosten. Die Tsonga sind eine kleine Ethnie die mit nicht mehr als zwei Millionen Menschen außerhalb Südafrikas weniger bekannt sind. Mit unserer Ausstellung nähern wir uns diesen dynamischen Volksgruppen mit einem anthropologischen Ansatz und zeigen deren Perlenapplikationen auf Kleidungsstücken.

Wie fast überall auf der Welt entwickelten auch die Zulu, Ndebele und Tsonga eine eigene textile Darstellungsform an der mittels Symbolen und Farbkombinationen soziale Zuordnungen wie die Altersgruppe, das Geschlecht, der Ehestand und der soziale Status einer Person aufgezeigt werden konnte.

Bedingt durch ein ausgeklügeltes System der Verheiratung verbreiteten sich in der Vergangenheit die Stilmittel in einer großen Geschwindigkeit über weite Flächen und schufen dadurch die Grundlage für vielfältige Substile. Neben dem individuellen Status sind dadurch auch die geographische Herkunft und der Familienstamm der Trägerinnen und Träger ablesbar, die sich mit diesen Kleidern bei festlichen Anlässen schmückten.

Perlen wurden nach Afrika seit mehreren Jahrhunderten aus Indien, Venedig und Böhmen exportiert, konnten aber wegen ihrer Kostbarkeit zunächst nur sehr sparsam verwendet werden. Im ausgehenden neunzehnten und im zwanzigsten Jahrhundert erlebten in mehreren afrikanischen Regionen die Perlenarbeiten bedingt durch neuen Wohlstand eine Blütezeit, die in Südafrika auf unseren für die Ausstellung gewählten Zeitraum von 1920 bis 1970 spezifiziert werden kann. Im 19. Jahrhundert trat die Glasperle in Südafrika an die Stelle von Strausseneierperlen und Saatkernen. Große Perlenmengen wurden über die Hafenstadt Lourenco Marques in der damaligen portugiesischen Kolonie Mocambique als Tauschware im Landesinneren angeboten.

Nach etwa 1970 veränderten sich viele Stile durch den Einfluß von Kunststoffperlen die meist größer und farblich einfacher, aber günstiger im Einkauf und weniger aufwendig in der Verarbeitung waren.



Die Kuratorin und der Galerist

Die Ausstellung wurde ausgesucht und gestaltet von Frau Nicole Krams, die lange Jahre in Johannesburg eine Galerie leitete und dem Berliner Galerist Peter Herrmann, Experte für afrikanische Kunst und Kunstgeschichte.

Frau Nicole Krams verbrachte 18 Jahre ihres Lebens in Südafrika wohin sie als Kind mit ihren Eltern aus Schottland auswanderte. Schon während ihrer akademischen Ausbildung zur Künstlerin widmete sie sich sehr intensiv den südafrikanischen Kulturen verschiedener Völker.

Ihre Auswahl der Objekte ist streng daran orientiert, einem ethnologischen Anspruch einer Authentizität gerecht zu werden, der entweder einen direkten Gebrauch voraussetzt oder das Objekt stilistisch einer bestimmten Epoche zuordnet. Umfangreiche Kenntnisse sind nötig um die zeitliche Zuordnung vornehmen zu können, da einige der Arbeiten während ihrer Nutzung mit neuen Perlenbändern ergänzt wurden und die dadurch mehrere Jahrzehnte modischer Entwicklung verkörpern.

Frau Krams recherchierte in den jeweiligen, hauptsächlich ländlichen Gegenden und hielt auch stilistische Wandlungen mit ihren spezifischen Hintergründen fest. Natürlich ist nur für eine kleine Kennerschaft wirklich von Bedeutung, ab wann die ersten Plastikperlen appliziert wurden um aktuell teurer gewordenes Glas zu ergänzen. Aber so wie an alten Glasperlen der Handelsweg von Venedig, von Indien oder Böhmen bestimmte epochale Erscheinungen und Märkte nachvollziehbar wird, so interessant markiert der Kunststoff eine jüngere soziale Wandlung.

Da die Galerie gewöhnlich im Bereich zeitgenössischer Kunst arbeitet, sind auch die Perlenarbeiten so ausgesucht, daß verschiedene Kriterien den dispersierenden Rand berühren, an dem Kunst und Kunsthandwerk ineinander verfließen.