OWUSU-ANKOMAH

Ein Kommentar zur FIFA Kunst-Edition anläßlich der Fußballweltmeisterschaft 2006.

Kurze Einführung

Das Original von Go for it, Stars wird versteigert und eine Druckedition aufgelegt, die weltweit parallel zur Fußballweltmeisterschaft vertrieben wird. Am 8.6 wurde in München bei einem großen Empfang die Beteiligung offiziell bekannt gegeben. Owusu-Ankomah lernte dabei zu seiner großen Freude Franz Beckenbauer kennen und im Gespräch mit Innenminister Schily war natürlich Gesprächsthema, dass der Bruder Papa Owusu-Ankomah in Ghana ebenfalls Innenminister ist und wie Otto Schily vor einigen Jahren ebenfalls Sport- und Kulturminister war.

Da so viel Gemeinsamkeit schnell Nähe schafft, hängt der erste Druck von Go for it, Stars in den Räumen des Bundesinnenministers. Wie ich erfahren konnte ebenso wie der Druck von Tobias Rehberger, der mit Owusu-Ankomah schon zweimal in der von Peter Herrmann kuratierten Ausstellung Around and Around zu sehen war.

Soweit, so gut.

Doch dann beginnen ein paar seltsame Begebenheiten. Lesen sie einmal folgende Tabelle, die weiter unten genauer interpretiert wird: Stand, Mittwoch, 20. Juli 2005


Künstlername
Herkunft
Artist Ranking
Artfacts.net
Preis,
FIFA-Edition
Andreas Gursky
Dt
27
1.400,-
Rosemarie Trockel
Dt
33
1.200,-
Markus Lüpertz
Dt
113
1.400,-
Tobias Rehberger
Dt
125
900,-
Sarah Morris
USA
321
900,-
Norbert Bisky
Dt
823
800,-
Beatriz Milhazes
Brazil
730
600,-
Tim Ayres
GB
4701
600,-
Michael Craig-Martin
GB
---
600,-
Hishashi Tenmyouya
Japan
---
600,-
Jess MacNeil
Australia
---
500,-
Lou Brothers
China
---
500,-
Owusu-Ankomah
Ghana
7355
500,-
Toyin Loye
Nigeria
---
500,-

Mitte Juni begann ich eine Korrespondenz mit einem führenden Mitarbeiter der Firma artfacts.net mit dem Hintergrund, deren veröffentlichte Artist-Ranking-Tabellen als irreführend zu beschreiben. Nach außen als verbindliche Richtlinie impliziert, berücksichtigt die Tabelle zunächst dominant westliche Kommunikationsstrukturen und hat diese als Bemessungsgrundlage.

Es wurde in einem Schreiben daher zugestanden, dass meine Ausführung von "westlicher Nabelschau" als Einwand berechtigt sei. Seitens Artfacts.net wolle man in Zukunft diesen Aspekt noch mehr berücksichtigen. Abgesehen davon, dass diese Berücksichtigung, so wie das Ranking angelegt ist, auch in absehbarer Zukunft kaum objektiv funktionieren kann (was allerdings auch mit der Situation in vielen afrikanischen Ländern zu tun hat) freute ich mich über den konstruktiven Austausch. In besagter Korrespondenz hatte ich ausgeführt, wie die Marktabgrenzungsmechanismen über Deklassifizierung funktionieren und konnte leicht einen geschäftsschädigenden Effekt veranschaulichen.

Übrigens funktioniert der berühmte Kunstkompass, der jährlich einmal in der Zeitschrift Capital veröffentlicht wird, weit aus schwerer benachteiligend. Er berücksichtigt 149 Museen, davon sind tatsächlich 53 aus Deutschland, weitere 50 aus den USA, der Rest wird auf europäische Länder verteilt. Seit 35 Jahren ein solider kultureller Markstschutzfaktor.

Genau in dieser Zeit der Korrespondenz wurden die beteiligten Künstler und ihre Galeristen mit der Preistabelle für die FIFA-Edition konfrontiert. Die verantwortliche Art-Consulterin der Firma Brands-United nahm als Vorlage der Einfachheit halber vermutlich jene Ranking-Tabelle von artfacts.net. Es kann bei vorhandener Deckungsgleiche nur sie als Vorlage gedient haben, da es nach unserem Wissensstand nur diese mit gewisser Relevanz im Netz gibt.

Leider ist diese FIFA-Liste mehr als problematisch und das Ranking als solches fragwürdig. Als einer der ganz wenigen außereuropäischen oder besser, außerwestlichen Künstler hat es Owusu-Ankomah sogar geschafft, in die einseitige Kategorisierung von artfacts.net aufgenommen zu werden, deren Einstieg von oben nach unten bei 8600 Punkten beginnt. Selbst nach der vom Autor ungeliebten Staffelungsmethode wäre Owusu-Ankomah in der FIFA-Liste immerhin noch deutlich vor Herr Loye aus Nigeria, der weder Ranking noch einen vergleichbaren Bekanntheitsgrad hat.

Bei den Europäern verläuft die Klassifizierung der FIFA-Liste noch einigermassen stringent. Ab da, wo die Künstler nicht mehr im Ranking gefaßt sind, wird nach Bruttosozialprodukt der Herkunftsländer geordnet. Der große Pechvogel heißt in diesem Spiel Owusu-Ankomah, der trotz Ranking unverständlicherweise nach Herkunsftland taxiert wurde. Hier beginnt eine gedoppelte Benachteiligung, die deshalb sehr erwähnenswert ist, weil wir mit solchen Umständen bezogen auf Herkunft dauernd zu tun haben und deshalb dieses Beispiel auf hohem Niveau besonders anschaulich ist.

Über die Betreiberin der Firma Brands-United, konnten wir mit unseren Argumenten leider keine Korrektur erreichen. Ein höfliches Nivellieren oder vielleicht besser, gar keine Staffelung, wäre unser Wunsch gewesen.

Afrika steht auf der Agenda der Politik. Ghana spielt dabei eine besondere Rolle. Die Zeit ist gut für Zeichen, solche Benachteiligungen wie die FIFA-Consulter in Zukunft zu vermeiden.

In Ghana freuen sich viele Freunde schon jetzt über die Teilnahme von Owusu-Ankomah. Das verlieren wir bei aller Problematisierung nicht aus dem Auge.

Peter Herrmann. 14. August 2005

Post Scriptum. Juni 2006

Einige Vorgehensweisen sind im Rückblick als Ergänzung sehr erwähnenswert. Über die Firma Brands United, die als Art-Consulter im Auftrag der FIFA agiert, wird ein Umgang mit Künstlern gepflegt, der alles in den Schatten stellt, was wir sonst gewohnt sind.

Chéri Samba war unter die die letzten 15 gekommen und hatte schon die Nachricht erhalten in der Edition zu sein. Seine Arbeit war bereits eingeliefert. Kurz vor der öffentlichen Bekanntgabe der Teilnehmer wurde er plötzlich gemeinsam mit Markus Lüpertz ohne Angabe von Gründen wieder ausjuriert. Nach der Bekanntgabe war plötzlich Markus Lüpertz wieder drin, Chéri Samba aber ncht. Er erhielt über mich die mündliche Nachricht, zum "Trost" in der Ausstellung im Bundestag während der Fußballweltmeisterschaft ausgestellt zu werden.

In dieser sehr schlecht gemachten Schau tauchten, nicht nachvollziehbar, überraschend kitschige Arbeiten von Künstlern auf, die keine Jury durchlaufen haben. Der Eindruck drängte sich massiv auf, dass die Veranstalter mal schnell ein paar unbekannte Bekannte untergebracht hatte. Aus Namedroppinggründen ließ man eine Künstlerin der Galerie Eigen und Art noch schnell ein Bild von Franz Beckenbauer malen, das ebenfalls keine Jury durchlief. Der nigerianische Künstler Toyin Loye war ohne erkennbare Gründe plötzlich nicht in der Ausstellung, obwohl er als offizieller Teilnehmer am Vertrieb der Poster beteiligt ist. Chéri Samba war ebenfalls nicht in der Ausstellung vertreten.

Pflegte man mit der bekannten Galerie Eigen und Art, die gar keinen Künstler in der Edition vertreten hat, gute Kontakte und stellte sich mit ihr bei der Bundestagsausstellung ins Rampenlicht, wurde die Galerie Peter Herrmann gänzlich ignoriert. Verhandlungen mit Owusu-Ankomah wurden unter Umgehung der Galerie während des Ablaufs bequemerweise direkt mit ihm gemacht. So umging man lästige Ansprüche bezüglich Gegenlesen von Texten oder Farbprüfung beim Posterdruck.

Die seltsamen Umstände Chéri Samba zu erklären, überließ man dagegen mir. Er erhielt von der FIFA keinen Brief, keine Begründung, keine Entschuldigung. Dies hatte den unangenehmen Nebeneffekt, dass beide Künstler nun mir als Galerist aus unterschiedlichen Gründen mangelnden Einsatz vorhielten. Dumm gelaufen.

Diese ergänzende Beschreibung soll veranschaulichen, wie der diskriminierenden Hintergrund der FIFA-Edition wirkt und welche schwer wiegenden Auswirkungen sich daraus intern ergeben.

artfootball (Brands-United)

Beteiligte Künstler Repräsentiert u. a. bei:
Tim Ayres Galerie Markus Richter, Berlin
Tobias Rehberger Galerie neugerriemschneider, Berlin
Rosemarie Trockel Völcker & Freunde Gallery, Berlin
Norbert Bisky Galerie Michael Schultz, Berlin
Michael Craig-Martin Tate Modern, London
Lou Brothers Ray Hughes Gallery, Sidney
Hisashi Tenmyouya Mizuma Art Gallery, Tokyo
Owusu-Ankomah Galerie Peter Herrmann, Berlin
Chéri Samba Galerie Peter Herrmann, Berlin
Toyin Loye Chiefs & Spirits Galerie, Amsterdam
Beatriz Milhazes Galerie Max Hetzler, Berlin
Sarah Morris Galerie Max Hetzler, Berlin
Jess MacNeil Gallery Barry Keldoulis, Sydney
Markus Lüpertz Galerie Michael Werner, Köln, NY
Andreas Gursky Sprüth - Magers, Köln, London