Grußwort Dr. Uschi Eid,
Parl. Staatssekretärin BMZ, G8-Afrikabeauftragte
zum 6. Afrika-Festival Potsdam
8.-10. Juli 2005

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Künstlerinnen und Künstler,


gerade 14 km liegen an der Meerenge von Gibraltar zwischen Afrika und Europa, kurzum: Afrika ist ein Nachbarkontinent, der unsere Neugier und unser Interesse wecken sollte. Und ich freue mich sehr, dass dieser Kontinent in den kommenden Tagen zu Gast in Potsdam ist.

"Afrika" hat sich nicht nur auf den Weg nach Potsdam gemacht, um sich hier in seiner kulturellen Vielgestaltigkeit, mit seinem Ideenreichtum und in einem – wie ich finde – gelungenem Querschnitt aktueller kultureller Tendenzen zu präsentieren.

Auch auf politischer Ebene ist das Afrika der Gegenwart im Aufbruch. Die Beziehungen zwischen Afrika und Europa haben in den letzten Jahren wichtige Impulse erhalten. Ganz wesentlich hierfür stehen der politische Wille und die Anstrengungen zahlreicher afrikanischer Regierungen und Gesellschaften , ihre Probleme eigenverantwortlich in den Griff zu bekommen und Demokratie, Frieden und wirtschaftliche Entwicklung auf dem Kontinent voranzubringen. Zu Recht fordern diese reformwilligen Staaten unsere partnerschaftliche Unterstützung hierbei ein. In politischer Übersetzung heißt dieser Aufbruch NEPAD: Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung. Er bildet den programmatischen Rahmen auch für unsere Bemühungen innerhalb Europas und der G8-Staaten, die afrikanischen Länder bei der Umsetzung dieses selbstgesteckten Entwicklungsplans für die Zukunft zu unterstützen.

In dieser Zeit des Umbruchs und der Demokratisierung in vielen Ländern Afrikas ist es an der Zeit, auch bei uns ein Bild von Afrika zu entwickeln, das der vielgestaltigen Realität des Kontinents gerecht wird. Unbestritten steht Afrika vor vielen aktuellen Problemen und Herausforderungen. Aber Afrika ist mehr als Krisenkontinent, nämlich auch ein Kontinent mit neuer Dynamik und Reformwillen. Vor allem aber ist Afrika ein Kontinent, der bei seinem Weg in die Zukunft selbstbewußt aus seinem enormen kulturellen Reichtum und einer uralten Kulturgeschichte schöpfen kann und will. Auch deshalb freue ich mich besonders, dass das Festival hier in Potsdam vielen Menschen die Möglichkeit bietet, dieses Potential der vielen verschiedenen afrikanischen Kulturen, Traditionen und Menschen kennenzulernen.

Meine Damen und Herren,
den Blick auf das Afrika des 21. Jahrhunderts zu lenken, heißt sich auf eine Kultur in Bewegung einzulassen. Wer genau hinsieht, entdeckt nicht nur ein vielfältiges Afrika: farbenfroh, selbstbewusst mit unzähligen kulturellen Traditionen und aktuellen künstlerischen Positionen. Er entdeckt eine Kultur, wo sich Traditionelles und Modernes seit jeher wechselseitig befruchtet und mit ungeheurer Dynamik zu Neuem verbunden haben.

"Afrika bei uns" heißt aber auch, gegenwärtige Einflüsse und solche aus jahrhundertelanger Kulturbegegnung auf uns in Deutschland und Europa wahrzunehmen. Afrika ist ein Kontinent, der etwas zu bieten hat: er ist Wiege der Menschheit, reich an Ressourcen, ohne den kulturellen Einfluss Afrikas wären weder unsere moderne Malerei noch unsere Musik in ihrer heutigen Form denkbar.

Diesen "Blickwechsel" auf das vielgestaltige Afrika, seine lebendige kulturelle Realität und Tradition eröffnet uns das Potsdamer Festival: spannend und facettenreich – so stellt sich hier die Kunst und Kultur aus Afrika dar. Sei es in der Musik oder Malerei, sei es im traditionellen Handwerk oder in den neuen Jugendkulturen. Die Einladung heißt, Neugier walten zu lassen, Anregungen und Anstöße zu finden und sich von wohlmeinenden aber doch überkommenen Sichtweisen auf die Kultur Afrikas zu lösen, sie zu ergänzen: in der persönlichen Begegnung, im Austausch und Dialog, in der Auseinandersetzung mit aktuellen künstlerischen Positionen.

Ich freue mich deshalb sehr, dass mit dem nunmehr zum 6. Mal stattfindenden Afrika-Festival eine Tradition des Kennenlernens der Kulturen zweier Nachbarkontinente verstetigt wird. Hiermit werden Brücken der Verständigung und des Dialogs zwischen Menschen verschiedener Kulturen ausgebaut, hier lässt sich voneinander lernen und dies ist in einer zusammenwachsenden Welt notwendiger denn je zuvor.

Afrika und Europa verbindet eine lange Geschichte, die auch dunkle Seiten hatte, die für viele Afrikanerinnen und Afrikaner in der Zeit des Kolonialismus viel Unterdrückung und Leid bedeutetet hat. Festivals wie das hiesige zeugen davon, dass wir ein gutes Fundament für politische Verständigung und Partnerschaft, aber auch für fruchtbare kulturelle Beziehungen und Begegnungen zwischen Afrika und Europa haben, die wir aktiv gestalten und weiterentwickeln können. Die wachsende Zahl von Unterstützern des Festivals spricht hierfür ebenso, wie das beeindruckende Programm der Festivalwoche zeigt: Unser Nachbarkontinent ist im Kommen, er hat etwas zu bieten, er kann und sollte unsere Neugier wecken

Kulinarisches, Musikalisches, aktuelle zeitgenössische Kunst aus Afrika, Filme und Workshops laden zum Kennenlernen ein. Sie laden auch dazu ein, den Blick gleichzeitig auf die Vielfalt, Internationalität, aber auch auf die Eigenheiten afrikanischer Kultur zu lenken: Das spricht im Zeitalter der Vernetzung und Globalisierung bei allen Gemeinsamkeiten für die Lebendigkeit und Kraft der jeweiligen Kulturen. Das ist Fundament für den respektvollen Umgang mit kulturellen Traditionen und Identitäten, aber auch für deren selbstbewusste Dynamisierung und den aktiven Dialog über Grenzen und Kontinente hinweg.

Afrika hat sich in den vergangenen Jahren auf den Weg gemacht – mit neuem Selbstbewusstsein auch für seine kulturellen und intellektuellen Reichtümer. Das Festivalprogramm mit über 100 Künstlern aus 15 verschiedenen Ländern wird dazu beitragen, ein aktuelles und vielfältiges , ja - ein "anderes" Bild von Afrika zu vermitteln. Und das erhoffe ich persönlich ganz besonders: bei den Gästen das Interesse an einem lebendigen, einem vielfältigen Afrika des Aufbruchs und der Zuversicht wecken.

In diesem Sinne wünsche ich den Initiatoren des Afrika-Festivals und den Künstlern viel Erfolg, und allen Besuchern spannende und anregende Begegnungen zwischen Afrika und Europa – hier mitten in Potsdam.